Die Teilnehmerzahlen in den Nachwuchsbewerben haben sich in diesem Jahr erfreulicherweise wieder enorm nach oben entwickelt. Es spielen wieder mehr Kinder und Jugendliche Tischtennis als in den letzten Jahren vor Corona. Doch die Qualität der Nachwuchsspieler hat sich in der vergangenen Dekade enorm reduziert. Ein Blick auf die Statistik belegt das.
Die Nummer fünf der steirischen U15-Rangliste wies Mitte Februar 890 Punkte auf und durfte damit am Kaderkurs des steirischen Tischtennisverbandes teilnehmen. Der Spieler entwickelt sich aktuell gut in der 1. Klasse – ich nenne bewusst keinen Namen, denn es soll hier nicht darum gehen, einzelne zu kritisieren, die noch dazu auf einem guten Weg sind, sondern allgemeine Tendenzen aufzuzeigen.
Denn was bedeuten diese 890 Punkte im Vergleich zu vor zehn Jahren? Hatte die Nummer fünf der U15 damals eine ähnliche Punktezahl? Vor zehn Jahren wäre der Spieler mit 894 Punkten 28. der steirischen U15-Rangliste gewesen und hätte an eine Teilnahme an einem Kaderkurs keinen Gedanken verschwenden müssen. Die Nummer fünf war damals ein gewisser Philipp Walter mit 1458 Punkten (er spielte schon Landesliga, wenngleich am Ende der Rangliste), auch die Nummer zehn (Michael Rothschädl) wies noch starke 1352 Punkte auf.
Ein spannender Fakt ist auch die Anzahl der älteren (und somit leistungsfähigeren Spieler). Aktuell sind 122 SpielerInnen U15 und jünger, aber nur 80 in den acht Jahrgängen zwischen 16 und 23 Jahren! Zum Vergleich: 2013 hatten wir 150 U15-SpielerInnen und 124 ältere Nachwuchsspieler (16 bis 23 Jahre). Es war zwar etwas besser, aber schon damals ein Problem, die SpielerInnen beim Sport zu halten.
Offensichtlich verlieren wir weiterhin viele der älteren SpielerInnen, während die Jungen sehr wohl wieder zum Sport drängen. Die Hoffnung besteht also, dass sich das allgemeine Leistungsniveau wieder nach oben schraubt, wenn diese Generation gemeinsam älter und besser wird. Und es ist auch nichts verloren, wenn man einmal ein paar Jahre Pause macht und danach wieder Lust bekommt: Unsere Comebackspieler, angeführt von Lukas Lendl und Stefan Vodica, haben das eindrucksvoll bewiesen.
Insgesamt müssen wir uns alle die Frage stellen, wie wir die aktuelle Nachwuchsgeneration an die Leistungsfähigkeit der Älteren heranführen können. An der Motivation und dem Können der Trainer scheitert es nicht. Auch nicht am Talent der Kinder, sondern vor allem an der Einstellung/Leistungsbereitschaft. Sie würden schon gerne etwas gewinnen, aber dafür intensiv mehrmals die Woche arbeiten, dazu sind nur die wenigsten Kinder bereit. Im Beruf strebt die junge Generation nach der Work-Life-Balance, im Sport nach der Einsatz-Erfolgs-Balance. Und wenn alle wenig arbeiten, dann ist trotzdem ein gewisser Erfolg möglich – zumindest im Nachwuchsbereich… Gegen die älteren Generationen zu gewinnen, wird dann halt schwer oder es wird auch gar nicht mehr angestrebt.
Hoffnung machen die herausragenden Ausnahmen wie Mariia Lytvyn, Tobias Hold, Bischoy und Juliana Sarofem, Daniela Mitar, Dorotheea Alexandru, Jonas Lichtenberg oder Nikita Ruzin. Mit ihren Erfolgen österreichweit – und im Fall von Mariia sogar international – decken sie viel zu, was dahinter nicht mehr so stark ist – wie Marcel Hirscher jahrelang im Skiteam. Vielleicht werden einige andere in dem Windschatten dieser Spieler folgen, hoffentlich auch aus unserem Verein. Das Talent dazu hätten mehrere, doch jetzt heißt es arbeiten. Dazu sind viele Kinder nicht mehr in dem Maße bereit wie noch vor zehn oder 15 Jahren.
Ob unter diesen Voraussetzungen an der lange Jahre berechtigten Nachwuchsspielerregelung in der Landesliga (bis zum Ende der Viererteams 2014) auf Gedeih und Verderb festzuhalten ist, zweifeln schon seit Jahren fast alle Beteiligten an. Doch solange die Verbandsspitze die Regelung für ihre Klubinteressen braucht, wird sie wohl bleiben. Entgegen dem Willen aller anderen Vereine, so sinnlos sie inzwischen angesichts der mangelnden Qualität auch sein mag. Angebracht wäre, die Nachwuchsspieler in jenen Ligen einzusetzen, wo sie entsprechend ihres aktuellen Könnens hingehören, anstatt die wenigen Hoffnungen sinnlos in der Landesliga zu verheizen. Dass die Vereine da nicht mehr mitmachen, zeigt die Tatsache, dass im Vorjahr zwei Landesligaplätze verlost werden mussten…
Die jüngsten Nachwuchsdurchgänge haben gezeigt, dass mit St. Stefan/Stainz, Hartberg, Weiz oder in der Obersteiermark Großlobming oder Aigen im Ennstal auch in Regionen, wo es längere Zeit schwierig war, wieder mehrere Spieler zu den Vereinen strömen und die Wettkämpfe bereichern. Zusätzlich zu den Nachwuchs-Hochburgen wie Indigo, Fürstenfeld, Feldkirchen, UTTV, Kapfenberg, Don Bosco, Langenwang, Leoben, Liezen oder bei den Mädchen Unzmarkt und den kleineren Vereinen wie Deutschlandsberg, Ligist, ATSE oder Post könnte sich ja wieder etwas entwickeln. Die 30 anderen steirischen Vereine sollten halt auch einmal überlegen, wo sie ohne Nachwuchs in 10 oder 15 Jahren stehen werden. Aber das ist vielen leider egal.